Victor Karady

 

Die Intelligenz in Ungarn

              

Gesellschaftgeschichtliche Ortsbestimmung und Definitionsproblematik

 

            Der heutzutage noch deutbarer Begriff ’Intelligenz’ ist historisch stark bedingt und begrenzt. Er gehört zum Zeitalter des Aufbruchs zur Moderne, das heisst zur nach-feudalen Epoche. Manche Historiker geben an, dass mann in dieser Hinsicht für Ungarn bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts zurückgehen kann,  (Hajdú 1980, 21), aber betonen dass von Intelligenz im modernen Sinne darf es nur seit Mitte des 19. Jahrhundert die Rede sein. (Hajdú 1981, 1.) Die erste dokumentierte Benutzung des Wortes in Ungarn selbst ist allerdingst nur von 1843 datiert (Mazsu  1997, 4.) wenn der schon damals als Wortführer des liberalen Kleinadels, Lajos Kossuth, in seiner Zeitung Pesti Hirlap vom értelmiség schrieb im Zusammenhang der von ihm befürworteten Gewährung des Stimmrechtes an gebildeten Nichtadeliger. Aber der Begriff selbst wurde erst viel später, eher nach dem Ausgleich, in die noch der heutigen weitgehends gültigen Benützung aufgegriffen und verbreitet, vor allem dadurch dass die Kategorie – jedoch unter unterschiedlich ausgearteten Bezeichnungen (intelligente Klasse, Intellektuelle Berufe, Berufsintelligenz, öffentlicher Dienst und Freiberufler) - in der vom staatlichen statistischen Dienst gebrauchten Nomenklatur der Berufsschichten sein Bürgerrecht erhielte.

Manche Merkmale der Gesellschaftsgruppen die man gegen Mitte des 19. Jahrhundert so identifizieren begann haben natürlich viel früher existiert. In der europäischen Geschichtschreibung kommt es sogar vor sich über ’mittelalterliche Intellektuellen’ zu äussern und es gibt Arbeiten die die gesellschaftliche Rolle der Gebildeten, der Akademiker oder der ’Schreibkundigen’ usw. in gegebenen Perioden – etwa im Humanismus, in der Aufklärung - untersuchen. Forschungen über Studentenschaften der seit Ende des ausgehenden 12. Jahrhunderts in mehr oder weniger ähnlichen institutionellen Rahmen im westlichen Christentum entstandenen Universitäten, - in Ungarn, wo vor dem 17. Jahrhunder keine langsfristig dokumentierbare Universität tätig war, vor allem Untersuchungen über studentische Peregrinationsbewegungen -, gehören zu den klassischen historiographischen Forschungsgegenständen. (S. Fata 2006, Szögi 2001, Szögi 2000, Mészáros 2001, Patyi 2004). Die dadurch gezielten ’Intellektuellen’ haben aber mit dem im 19. Jahrhundert entstandenen Begriff der Intelligenz nur soweit zu tun dass sie weisen auch mit Bildungskapital ausgestatteten Gruppen hinzu. Diese besassen aber in der Regel weder jegliche berufliche Autonomie, noch spezifisches Gruppenbewusstsein, noch der modernen Intelligenz zukommendes und allgemein erkanntes Prestige und Ansehen, auch noch (wenn sie nicht dem Hochadel gehörten) bestimmte Mobilitätschancen politische Machtpositionen zu erreichen, noch die Möglichkeit (wenn sie keine Adelige waren) sich dank ihrer damals sehr seltenen Kompetenzen den Zugang zu den Gesellschaftseliten zu sichern. In der gesetzlich bestimmten Rangordnung des feudalen Ständestaates konnten sich diese Splittergruppen von ’Intellektuellen’ (meistens sowieso kirchlichen Standes) nur als marginale Aussenseiter, als Klienten oder im Dienst der Stände (Hochadel, Adelskomitate, Kirche, Städte) behaupten.

Obwohl diese alten gebildeten Schichten in Ungarn bis zum 18. Jahrhundert weitgehend mit den Kirchen verbunden blieben, Tendenzen zur Säkularisierung sind schon früh zu erfassen. (Kosáry 1981, 12.) Es gab namentlich eine schmale Schicht von gebildeten Aristokraten und anderen Adeliger die entweder Bildung an und für sich in unterschiedlichen Formen ofts das gegebene Muster ihrer westeuropäischen Standesgenossen folgend kultivierten und sogar förderten (Schulgründungen, Ausbau von Bibliotheken, Unterstützung für Studenten, usw.). Andere Adelige haben ihre Bildungsvorhaben - meistens als nobile officium aber manchmal sogar gegen Besoldung - im Dienste des Staates oder der Ortsbehörden (bez. ihrer Komitaten) benützt. Seit immer gab es auch eine schmale Schicht von nicht adeligen Beamten im Dienste des Staates, der Komitaten, der königlich privilegierten ’freien Städten’ oder der Kirchen (namentlich im Schul- und Justizwesen oder in der Verwaltung) einerseits, freiberuflich tätige Fachmänner aller Art (vor allem Rechtsanwalte, Mediziner, Architekten, Ingenieure, aber auch Künstler), und manche Privatangestellten (Grundstückverwalter, Forstingenieure) andererseits. Sie wurden kollektiv seit dem ausgehenden 18. Jh. je mehr (seit den 1830s ganz regelmässig) als Honoratioren bezeichnet. Der Zensus von 1784-1785 wendet schon die Kategorie ’Beamte und Honoratioren’ an. (S. Windisch 1993, 120) Diese bezeichnete eine Gruppe die - obwohl nichtadelig -, doch zwischen Adel, Geistlichkeit, freistädtischem Besitzpatriziat und unfreiem Bauernvolk (zusammen mit anderen abhängigen Dienstleistenden) dank ihrer Bildung oder Fachkompetenz noch im Ständestaat eine besondere gesellschaftliche Stellung (’Ehre’) beanspruchen konnte.

 Innerhalb des Landes hat für ihre Ausbildung ein verhältnismässig breites Netz von wesentlich auf lateinisch lehrenden Elitenschulen gesorgt. Diese waren vor allem die grösseren kirchlichen Mittelschulen (gegen Mitte des 18. Jahrhunderts unter der Verwaltung von nicht weniger als 31 der Jesuiten,, 14 der Piaristen, 5 – 5 von den Lutheranischen beziehungsweise der kalvinistischen Kirche) die mit den kleineren Kollegien ein auch in internationalem Vergleich beträchtliches Schulnetz darstellten. (Kosáry 1981, 13.) Um höhere Bildung sollte im Lande die 1635 in Nagyszombat gegründete jesuitische und seit 1777 in Buda umgelagerte, verstaatlichte, säkularisierte und modernisierte Universität sorgen. Diese besass seit 1769 eine Medizinischen Fakultät und an seiner alten Philosophischen Fakultät nach Wiener Muster verstärkten naturwissenschaftlichen Lehrstuhlen. (Kosáry 1996, 493-516.) Dazu gehörte auch eine Anzahl von spezialisierten teologischen und juristischen Bildungsanstalten (die allerdingst meistens innerhalb der mittelschülischen Kollegien funktionierten als ihre zwei höchsten oder zusätzlichen Klassen - die spätere in 1776 offiziell aufgestellten Akademien für Recht und Philosophie) und sogar einige privatlich oder vom Staate gegründeten und geförderten wirtschaftlichen Fachhochschulen (die Bergschule in Selmecbánya seit 1770, die vom Grafen Festetich errichtete agrarwissenschaftliche Akademie ’Georgikon’ in Keszthely seit 1798, oder die 1818 in Magyaróvár entstandene zweite Agrarakademie). Die Studenten adeliger oder auch nicht-adeliger, sogar bauerlicher Abstammung (der Fronbauernpatent von Joseph II 1785 eröffnete ja im Prinzip das ganze Schulwesen für Bauernsöhne) dürften ihrer Ausbildung gleichfalls im Ausland nachgehen, Diese galt vor allem für Wiener Mittel- und Hochschulen und Universitäten, aber auch für diejenigen in Italien (für katholische Geistliche) oder für deutsche, holländische, schweitzerische oder sogar englische Lehranstalten (vor allem für Protestanten), eine Möglichkeit die die Interessierten massiver Weise benützten. (Kosáry 1981, 14-15; Kosáry 1996, 516-524.) Die ungarische Forschung hat dazu schon eine einmalig reiches prosopographisches Datenmaterial bereitgestellt. (S. zum Beispiel Szögi 2000 und Szögi 2001. )

Das relativ massenhaftes Erscheinen von nichtadeligen und auch mindestens teilweise nicht den Kirchen gebundenen Gebildeten am Rande des gesellschaftlichen Tätigkeitsraums der Eliten ist das erste historische Moment die die Entwicklung zur modernen Intelligenz einleitet. In den Lateinschulen des 18. Jahrhundert findet man schätzungsweise schon zwischen 15 % und 35 % von nichtadeligen und nicht freibürgerlichen Schüler (also privileglosen libertini oder plebei). (Fallenbüchl 1965, 210 und 214.) Diese Relativzahl dürfte in der Folge noch wachsen, da ein Erlass von Joseph II (1785) erlaubte ausdrücklich Kindern der nicht privilegierten bauerlichen und anderen Familien (die Juden waren schon seit 1783 einbegriffen – Kosáry 1996, 480-481) sich in Anstalten des höheren Sachulwesens zu inskribieren. Die Gesamtzahl der Honoratioren wurde Ende des 18. Jahrhunderts um 40 % der ungefähr von 15 000 bis 30 000 geschätzten intellektuell beschäftigten aktiven Bevölkerung gesetzt. (Benda 1957, XVIII-XXI, Mazsu 1997, 36; Kosáry 1996, 322-323, Windisch 1993, 121.) Für die 1840-er Jahren bestimmte (wahrscheinlich überhöhte) Schätzungen erwähnen die Zahl von 50 000 Honoratioren. (Vörös 1975, 17.)

             Der Umbruch jedoch geschieht in dieser Hinsicht auch genau dann, wenn die bisher unbezweifelte monopolähnliche politische Machtlage des Adels im Vormärz streitig gemacht wird und das Problem der Rechtserweiterung und Rechtsübertragung vom Adel auf andere Gesellschaftsschichten in die Agenda der Reformbewegung geriet. Diese neue geschichtliche Konjunktur drückt sich konkreter Weise in drei Art von Entwicklungen aus.

Erstens hebt sich auf dem politischen Spannungsfeld und auf dem Markt des Kulturschaffens einige auf Grund ihrer Bildungsorientierung und der Eigenart ihres Bildungskapitals sich unterscheidenden Gruppen, die die herrschenden feudalen Verhältnisse überholende Gesellschaftspläne entwerfen, verfassen und  kollektiv unterstützen. Solche können in Ungarn schon in den 1790er Jahren die Mitglieder der sogenannten `Verschwörung ungarischer Jakobiner` um Martinovits angesehen werden. (S. Benda 1957.) In den 1840-er Jahren die ’Jugendliche von März’ (márciusi fiatalok) haben sich sogar mehr als eine eigengesetzliche pressure group verhalten : sie waren doch konkreterweise tätig die Revolution von Pest am 15. März 1848 auszulösen und den Zusammenbruch des Ständestaates zu überstürzen. Es gab unter den letzteren gleichermassen Adelige, ’Honoratioren’ aller Art oder auch (wie ihr leitender Kopf, der Dichter Petõfi) aus kleinbürgerlicher-plebejischer Abstammung, eine merkwürdige Neuerscheinung im Zeitalter des Spätfeudalismus. (Vörös 1975, 16.) Seit dieser Zeit wird die überragende Rolle von kulturschaffenden Intellektueller (vor allem Dichter und Schriftssteller) in der Gestaltung gesellschaftlicher Zukunftspläne (öfters in ziemlich mytischer Form) allgemein anerkannt und ihre politische Funktionen in Schulbüchern kanonisiert.  In den Späteren widerfindet man in Ungarn vor allem konjunkturell, in gesellschaftlichen Krisenlagen (wie vor und nach dem I. Weltkrieg), die Übernahme utopiebildender ideologischer Funktionen durch bestimmte Gruppen der Intelligenz.  

Zweitens kommt seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert manchen diesen gebildeten Gruppen neue gesellschaftliche Rollen zu, und zwar im Felde der Öffentlichkeitsbeeinflussung und der Gestaltung von Kunst- und literarischen Geschmackes. Diese Entwicklung wurde durch das schrittenweise Ausbau der politischen und kulturellen Presse, das Wachstum des Verlagswesen und die beschleunigte Verbreitung gedruckter Bücher die von der Erweiterung der Kreisen von Lesekundiger mehr und mehr Leser finden, das Entstehen eines Theaternetzes begleitet. Diese Reihe von mit der Bildung zusammenhängenden Aktivitäten haben mächtig beigetragen die Zahl und das Ansehen der über die entsprechenden spezialisierten Bildungsgüter verfügenden Gebildeten zu erhöhen. Das Zeitalter des Doppelmonarchie wird diese Tendenzen des Ausbaus einer modernen Infrastruktur des kulturellen Schaffens und Austausches ebenso wie der Vervielfältigung und Verbreitung von Kulturgütern und das Funktionieren der Gesellschaft berührenden Informationen wesentlich verstärken, die zum beispiellosen Steigen der Anzahl und des gesellschaftlichen Gewichts der kulturschaffender Intellektueller leitet.

Drittens öffnen sich diesen Honoratioren im öffentlichen Leben ganz neue Aufstiegsmöglichkeiten, namentlich der Zugang zur politischen Macht, wenn – örtlich ab 1841 – liberale Adelige die Frage der Neuaufteilung des Stimmensrechtes in der Wahl für die früher fast ausschliesslich adelige Landesversammlung aufwerfen. Die Suche neuer Wegen erdehnter Volkssuveränität, Interessenvertretung und Machtlegitimation der Staatsverwaltung und des Parlaments führte zur Verleihung auf die Gebildeten von früher dem Adel vorbehaltenen Privilegien. Schon ab 1844 wird der Zugang von Nichtadeligen zu Laufbahnen im öffentlichen Dienst gesetzlich zugelassen. Das in der Folge der Märzrevolution 1848 vorgelegtes Wahlrechtsgesetz (1848/V) erweitert endlich in seinem Paragraph 2 das Wahlrecht für die Nationalversammlung ohne Hinsicht auf Einkommen auf „Doktoren, Chirurgen, Rechtsanwalte, Ingenieure, akademische Künstler, Professoren, Mitglieder der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Pharmazisten, Geistliche, Hilfsgeistliche, Gemeindenotare und Schullehrer”. (Vörös 1975, 2-3, 18.) Damit werden Teinehmer der wichtigsten intellektuellen Berufe mit politischer Kompetenz (oder Kapazität, wie man damals sagte) ausgestattet.

 In dieser Aufzählung werden allerdings manche intellektuelle Berufsfunktionen aber nicht das Bildungskapital selbst als Basis des Wahlrechts bestätigt. Diese erlaubt namentlich die gebildeten Privatangestellten und die meisten öffentlich Bediensteten – als solche - aus dem Wahlrecht zuerst auszuschliessen. Die letzteren in höheren Stellungen dürften sich natürlich dieses Privileg durch ihr Einkommen oder Vermögen zusichern, als der Wahlzensus gleichzeitig auch auf Vermögende Nichtadeligen erdehnt wurde, unter Auferhaltung des herkömmlichen Wahlrechts des Adels. Die Philosophie des Gesetzes beruhte nämlich ausdrücklich auf dem Prinzip der Unabhängigkeit in Bezug auf die Machtlage der Berechtigten im Gesellschafts- und Wirtschaftsfeld. Die damals grösste Gruppe der betroffenen Privatangestellten – die Grundstückverwalter – erreichten schon durch ministerielle Verordnung in 1848 die Gewährung des Wahlprivilegs. Die Anderen ihrer Klasse im Handel, Kreditwesen und in der Industrie sind damals noch weder zahlreich, noch genügend organisiert und gehörten noch dazu öfters einer ’nicht rezipierten’ Religionsgruppe (Juden) an. Denn die Erweiterung des aktiven und passiven Wahlrechtes blieb damals auf erwachsene Männer und Mitglieder ’rezipierter’ (vom Staat unterstützten) Bekentnissen begrenzt. Mit der Judenemanzipation Ende 1867 wird die letztere Begrenztheit im Wesentlichen (mit der Ausnahme ganz kleiner Religionsgruppen) aufgehoben. Das nach dem Ausgleich angenommene und bis fast zum Ende des dualistischen Zeitalters geltende Wahlgesetz (1874/33) wird die Grundlagen seines 1848-er Vorläufer beibehalten, aber mit der Umwandlung des Vermögenszensus in Steuerzensus die Proportion der tatsächlich Berechtigten von ungefähr 10 % der Bevölkerung auf 6,4 % absetzten. Die Diplomierten sollen eine durch Ernennung oder Wahl erworbene Anstellung haben. Aber auch auf Grund ihres Steuerzahlungspotential war für die meisten Mitglieder intellektueller Berufe ihr Wahlrecht von nun an gesichert, damit ihren erhobenen Stand in der Gesellschaft als Wahlbürger endgültig erkannt .

 Der letzte grosse, schon im Vormärz begonnene aber nur durch den Ausgleich und die ungefähr gleichzeitig sich entfaltenden industriellen Gründerzeit gekennzeichnete Entwicklungstrend in diesem Zusammenhang hat mit dem unerhörten Wachsen der Zahl der beamteten Intelligenz zu tun. Diese Vervielfältigung des Beamtentums war die Folge nachfeudalen Modernisierungstrends dreier Art. Diese waren erstens das Ausbau des modernen Nationalstaates (parlamentarische Einrichtungen, Staatsverwaltung, Polizei, Unterrichtswesen, Justizwesen, Gesundheitsschutz, usw.), zweitens die Erweiterung der von den örtlichen und staatlichen Behörden übernommenen oder entwickelten wirtschaftlichen Funktionen durch öffentliche Kapitalanlagen (Ortsverkehr, Eisenbahnnetz, Kommunalindustrien, Waldwirtschaft, Bergbau, Tabakproduktion, usw.) und, drittens, die beschleunigte Umwandlung der Privatwirtschaft durch Industrialisierung seit der ’Gründerzeit’ der 1860-er Jahren.  Die dadurch enstandenen und nur unter Bedingungen spezieller Fachkompetenz erfüllbaren Dienstfunktionen haben das Gewicht des Beamtentums innerhalb der intellektuellen Berufen unerhört erweitert. Darüber wird man die genauere diesbezügliche Angaben unten behandeln. Hier soll man bloss bemerken das das Vermehren des Beamtentums, ob privaten oder öffentlichen Schlages, trug dazu bei, dass die innere Struktur der ungarischen Intelligenz am Ende der Periode der Doppelmonarchie nicht vieles mit dem im 1848-er Wahlrechtsgesetz implizit umgerissenen Idealmuster zu tun hatte, wobei das erweiterte Wahlrecht für diejenigen vorbehalten sollte, die (mit Reminiszenz an das adelige Muster) nicht ’der Macht von Anderen untergestellt standen’. Diese Struktureigenschaften werden auch in der ethnischen, regionalen oder konfessionnellen Ungleichheiten des Zugangs zur Intelligenz wiedergefunden.

Damit erhebt sich die Intelligenz im dualistischen Zeitalter als eine neue Gesellschaftsschicht, die auf Grund ihres Bildungskapitals – wenn auch nicht einheitlich – in unterschiedlichen Feldern der Öffentlichkeit mit bestimmter kollektiver Autonomie auftritt und wird auch gewohnheitsrechtlich oder sogar gesetzlich gegen den unteren Gesellschaftschichten abgegrenzt. Zu den wesentlichsten Mittel dieser Abgrenzung zählten die den Gebildeten zukommenden und allgemein anerkannten Herrentitel (’hochgeborener Herr’ – méltóságos úr -, ’gnädiger Herr’ – nagyságos úr -, ’wohlgeborener Herr’ - tekintetes úr, usw. – s. Hanák 1978, 455, Janos 1982, 122), deren Rangordnung teilweise mit schulischen Berechtigungen verbunden waren. Dazu gehörte das vom Staate bestimmte Recht der Gebildeten (von der Absolvierung von 8 Mittelschulklassen abwärts und seit dem Militargesetz von 1868) gekürzten Militardienst zu leisten (’einjähriger freiwilliger Dienst’) und einen Rang als Reserveoffizier zu bekommen. Damit wurde eine Anzahl früher nur den Adeligen zugestandenen, symbolisch-ehrenhaften Berechtigungen einer sich immer vermehrenden Gruppe ’aus Unten’ oder ’aus Aussen’ stammenden gesellschaftlichen Aufkömmlingen gewährt (s. Hajdú 1999, 309-334) - das Schwerttragen, die ’Satisfaktionsfähigkeit’ und im Prinzip auch die (von Abstammungsmilieux abhängende) ’Salonsfähigkeit’. 

Die bescheinigte Schulung wurde damit offiziell ebenso wie im alltäglichen Gesellschaftsverkehr in eine neue Art wahrhaftiger Standesberechtigung umgewandelt, die den Mitgliedern allen gebildeten Elitengruppen unbeachtet ihres Ursprungs oder Standeslage vorbehalten waren. Diese werden vom Staat im 1883-er sogenannten Qualifikationsgesetz näher definiert dadurch, dass unterschiedliche Bildungsniveaus als Bedingung für den Zugang zu bestimmten Stufen und Stellen des öffentlichen Dienstes vorgeschrieben wurden. Die Privatwirtschaft wird folglich diese Gleichsetzung von Bildungsniveau und Laufbahnchancen weitgehend übernehmen. Die durch Schulzeugnissen beurkundetes Bildungskapital erhielt dadurch eine neue gesellschaftliche Funktion.  Damit beginnt das langfristige, vor dem endgültigen Ableben des sich noch lange (eigentlich bis 1944) überlebenden Alten Regimes keineswegs abgeschlossene Prozess der Ersetzung ererbten Kapitalformen (Adelstand, Beziehungen mit hochgestellten Familien, Zugehörigkeit zu bestimmten Religionsgruppen des westlichen Christentums, usw.) durch individuell oder kollektiv erworbene, neuartige (auf Leistung, Arbeit, Investition, Planung, Produktivitätswerte, Zuverlässlichkeit und ähnlichen ’meritokratischen’ und bürgerlichen Prinzipien basierte) Kapitalformen im Wettbewerb für soziale Mobilität, berufliche Selbstbehauptung und existentiellen Erfolg. Der gesellschaftliche Stellenwert von durch Schulung bescheinigte Bildung (zusammen mit anderen Kompetenzformen) wird von nun an je mehr als unentbehrlich (wenn nicht immer genügend) betrachtet für den Erwerb von Positionen in der Elite. Obwohl auch ständische Kapitalarten (wie Adelsstand, Christentum, adelige Beziehungen, gutbürgerliches Ansehen durch örtliches ’Verwurzeltsein’, usw.) weiterhin im Zugang zur Elite eine Rolle spielen, der Einfluss dieser innerhalb einer Laufbahn in der Privatwirtschaft, in den Freiberufen und sogar im öffentlichen Dienst tendiert zur Verminderung zu Gunsten von Bildung, Dienstzeit, Alter und Leistung. (Kövér 1998, 115.)  

Daher die rasche Umwandlung zum Beispiel des politisch entscheidungsfähigen Personals von einer rein adeligen Versammlung in ein weitgehend akademisch gebildetes – obwohl noch immer durch den Adel dominiertes – Gremium. Während die grosse Mehrheit (62 %) der Parlamentsmitglieder zwischen 1887 und 1910 (Janos 1982, 100, 137) und 77 % der Kabinettministern zwischen 1875 und 1918 (Janos 1982, 111), sowie die quasi-Mehrheit der hohen Ministerialbeamtern (60 % in 1890, 49 % in 1910 – Janos 1982, 110[1]) noch immer aus Adeligen bestand, in der Tat hat die grosse Mehrheit der Parlamentsmitglieder sich schon als Praktikant eines bürgerlichen Berufes angemeldet, und zwar 27 % als öffentlicher Dienstleistender, 22 % als Rechtsanwalt und 11 % als Freiberufler und Lehrer. (S. Janos 1982, 138.) So auch konnte es geschehen dass seit 1892 das Land (allerdings zum ersten mal) einen bürgerlichen Ministerpresidenten (Sándor Wekerle) hatte, seit den 1880-er Jahren bis zum Ende der Epoche die Hauptfiguren der Wirtschaftpolitik ’assimilierte’ Ungar bürgerlicher Abstammung waren (s. Janos 1982, 122) und in 1917 (wenn auch kürzlich) ein Justiz- und Wahlreformminister jüdischen Glaubens (Vilmos Vázsonyi) ernannt war. Der neue Kaiser Karl (seit November 1916) sollte dazu öffentlich verstehen geben dass er wählt seine Minister danach was in ihrem Kopf steht, nicht nach ihrem Bekenntnis. Das war schon eine Anerkennung auf höchster Stelle der neuen ’meritokratischen’ (und intellectuellen) Prinzipien die das Auserlesen der politischen Machtelite leiten sollen und eine Art symbolische Einweihung der ’Intelligenz’ (in beidem Sinne des Wortes) als elitenbildende Kraft.

Doch darf mann in der so entstandenen Intelligenz keineswegs eine autonome Gesellschaftschicht, um so weniger eine homogene Klassenerscheinung erkennen. Wegen ihre Verwickeltheit mit ständischen Struktureigenschaften (zwischen altem und neuem Adel – die neulich veradelten ’Intellektuellen’ einbegriffen – und dem Bürgertum), innere funktionelle Geteiltheit (zwischen freiem Beruf, Staatsdienst, öffentlichen Industrien und Privatwirtschaft), starke innere Hierarchie (unter anderen nach Bildungsgrad) und die unten noch zu behandelnden charakteristischen Spaltungen (nach Religion, Ethnizität, ideologische Orientierung, usw.) soll die Intelligenz nur als Teil der neuen Mittelklassen betrachtet werden ohne jegliche Einheit. Ihre innere Aufteilung trägt vor allem die Merkmale des von der Herkunft der Beteiligten bestimmten Spannungsfeldes dieser Mittelklassen. Manche von ihnen neigen deshalb dazu sich als Mitglieder der ’herrischen Mittelklasse’ /úri középosztály/ zu definieren (vor allem wenn sie adeliger Abstammung sind, veradelt wurden oder zur adeligen Klientur anschliessen – das war eher typisch im Staatsdienst und in der örtlichen Verwaltungsdienst), andere tendieren sich eher als Vertreter einer ’bürgerlicher Intelligenz’ ansehen (vor allem in der Privatwirtschaft, bei Freiberufler, aber auch in den öffentlichen Industrien), noch andere betrachten sich als Erbe einer althergebracht-ständischen Ordensgemeinschaft (Priester, Geistliche, Offiziere). (S. Szabolcs 1965, 13-15.)

Zum Schluss dieser historischen Einleitung muss mann an die allgemeine Definitionsproblematik der Intelligenz hinweisen. In unserer Behandlung wird bestimmt versucht nicht in die durchaus nicht abgeschlossene socialgeschichtliche Debatte über der Grenzen und den Inhalt der Intelligenz als Gesellschaftschicht einzugehen. (S. Huszár 1984, 109-3111, 419-621, Bódy 2003, 65-93). Da die ’intellektuellen’ Tätigkeiten und diejenige die sie ausüben keine eindeutige Definition besizten, und auch wenn so was gäbe, müsste mann auch mit den historischen Umwandlungen und Sinnesänderungen der eventuell durch Konsens erreichten Definition Rechnung tragen, in unserer pragmatischer Annäherung der Intelligenz im Dualismus soll es genügen diejenige Gruppen in Betracht nehmen die, einerseits, ein bestimmtes Grad an formeller Schulung innehatten – in der zeitgenössischen gesellschaftsstatistischen Literatur war die untere Minimalgrenze zwischen 4 und 8 Jahren Mittelschule angesetzt[2] -, und andererseits ihr Lebenserhaltung vorwiegend aus einem zu diesen schulischen Berechtigungen gebundenen Beruf gewannen. Die Intelligenz wird tatsächlich immer entweder durch das relativ hohe Bildungkapital oder durch die vorwiegend sogenannte ’intellektuelle’ – das heisst nicht manuelle – berufliche Aktivität bestimmt, wennicht – wie gewöhnlich - durch beide. Hier soll der qualifizierende Ausdruck ’vorwiegend’ betont werden. Die grösste Schwierigkeit der Definitionsproblematik entsteht nämlich gerade dadurch dass bestimmte andere – aristokratische, unternehmerische oder bürgerlich vermögende – Gruppen auch ein hohes Grad von Bildungskapital aufweisen, wirtschaftlich nicht handwerkerisch aktiv (oder inaktiv) sind, so dass sie auch den obrigen Kriterien der ’Intelligenz’ entsprechen sollten. In unserem dualistischen Zeitalter dürften ja Mitglieder des unternehmerischen Bürgertums – zum Beispiel die Schöpfer der ungarischen Grossindustrie oder des modernen Verkehrs- Börse- und Bankwesens – sogar zu den schaffungsfähigsten Kreisen der ’Intelligenz’ angesehen werden. Doch werden sie hier nicht einbezogen mit dem (durchaus bestreitbaren) Argument dass ihre gesellschaftliche Hauptfunktion eher aus wirtschaftlicher Kapitalschaffung, -Sammlung, -Verwaltung oder Benutzung besteht als aus ’reiner’ intellektueller Tätigkeit. Dieses Argument kann jedoch in seiner Allgemeinheit auch empirisch unterstütz werden durch die folgende Tabelle die die Unterschiede am Besitz von Bildungskapital der für die Einreihung in die ’Intelligenz’ in Betracht kommenden Gruppen darstellt.

           

  1. Tabelle. Bildungsniveau auserwählter aktiver Berufsgruppen (beiden Geschlechts) in 1910  (% der gegebenen Gruppen)[3]

                                                                                           Mindestzahl von Mittelschulklassen

                                                                                            8 Klassen    6 Klassen    4 Klassen

Privatbeamte in Landwirtschaft                                                  42,7 %          54,6 %         76,1 %

Beamte im Waldwesen                                                                59,5 %         70,5 %          92,8 %              

Beamte im Bergbau und Hüttenwesen                                       60,0 %          68,7 %          87,7 %

Industriebeamte                                                                          38,4 %          49,0 %          79,7 %

Privatbeamte im Handel und im Kreditwesen                            40,4 %          49,5 %         77,9 %

Verkehrsbeamte                                                                          49,7 %          58,6 %          91,1 %

Öffentlicher Dienst und freie Berufe (Unabhängige und Beamte) 66,9 %      75,0 %         86,8 %

Unabhängige in der Landwirtschaft                                             0,2 %           0,3 %           0,6 %

Unabhängige in der Industrie                                                       0,8 %           1,2 %           4,3 %

Unabhängige im Handel und Kreditwesen                                  4,1 %            6,3 %          16,6 %

Unabhängige im Verkehrswesen                                                  0,3 %           0,7 %           2,1 %

Wehrmacht                                                                                   8,8 %           9,6 %           13,7 %

Pensionierte, Rentner, Privatier, Rentiers, inaktive Vermögende 7,5 %          9,9 %           17,1 %

 

Obwohl in einer genaueren Analyse sollte mann die innere kulturelle Heterogeneität jeder angeführten (und eigentlich viel zu groben) Berufskategorie in Bezug nehmen – dazu verfügt mann leider über die genötigten Indizien noch nicht -, die Tabelle zeigt ziemlich eindeutig dass die Hauptsegmenten der mit höherem Bildungskapital ausgestatteten Gruppen aus Beamter aller Art (diejenigen des öffentlichen Dienstes einbegriffen) und Freiberufler bestehen. In der statistischen Praxis wird doch eine Trennungslinie eines Sekundärunterschiedes zwischen einerseits dem öffentlichen oder quasi öffentlichen (wie kirchlichen) Dienst (aber ausserhalb des Offizierskorps der Armee) zusammen mit den Freiberufler gehörenden ’eigentlicher Intelligenz’ und, andererseits, die wirtschaftlich tätigen nicht handwerkerischen) Angestellten gezogen.[4] In den folgenden Erörterungen werden die wichtigsten konkret erfassbaren kollektiven Beschaffenheiten dieser mit einander weitgehends auch in der gesellschaftlichen Vorstellungswelt entgegengesetzten Kategorien sich klar herausstellen. 

 

Wachstum, regionale Verteilung und Berufstruktur   

 

Gegen mögliche Erwartungen hat sich die Zahl und der Bevölkerunganteil der Intelligenz im hier behandelten Zeitalter sehr ungleich entwickelt und scheint sich nur seit den 1890-er Jahren im regelmässigen Wachstum zu befinden. Bis zum Ende des Dualismus bleibt auf jeden Falle dieser Anteil gering, nicht mehr als 1,7 % der ganzen Bevölkerung[5] und 4 % der aktiven Bevölkerung beiden Geschlechtes in 1910.[6] Wenn mann nach den damaligen Demographen ihr Ausmass in 1840 an 66.486 setzt – eine nur annähernde Schätzung, trotz der dem Aussehen nach genaue Ziffer – diese bloss 0,6 % der Bvölkerung sollte sich bis 1870 zu 1 % wachsen und dann bis 1890 (1,1 %) stagnieren bis zum nächsten Sprung in 1900 (1,4 %) und 1910 (1,7 %). Die reine Ziffern haben also in den ersten Jahrzehnten des Dualismus proporzional das Bevölkerungswachstum gefolgt (136000 in 1870, 155000 in 1880 und 173 000 in 1890) und dann innerhalb zwei Jahrzehnten sich fast verdoppelt (311000 in 1910). Auf jeden falle zwischen dem Vormärz und dem Ende des langen 19. Jahrhunderts registriert mann eine verfünffachung der Zahlen und eine verdreifachung des Bevölkerungsproporzes der Intelligenz im Lande.

Diese Angaben sind um so interessanter dass sie entsprechen keineswegs dem Wachstum des im Lande investierten intellektuellen Kapital. Wenn man die Zunahme der mit schulischen Berechtigungen ausgestatteten Bevölkerungszahlen in Betracht zieht, wird es klar dass diese auf langer Sicht wahrscheinlich viel weniger gestiegen sind.  Für die beiden Geschlechter findet mann zum Beispiel in 1910 bestimmt fast dreimal so hoche Proportionen von Leute mit 8 absolvierten Mittelschulklassen in der Altersklasse von 20-29 Jahren die zwischen 1880 und 1889 geboren sind  (3,1 %) gegen die vor 1840 geborene 70 jährige und ältere (1,2 %)[7]. Aber bei Männer – die in dieser Epoche bis zum Ende die grosse Mehrheit (in den öffentlichen, halb-öffentlichen und freiberuflichen Dienstleistungsaktivitäten in 1880 bis 87 %[8], aber in 1910 auch mehr als 76 %[9]) der Aktivbevölkerung ausmachten  - war es ganz anders (s. auch Karády-Nagy 2006, 10-12). Die vergleichbare Zunahme der Mittelschulabsolventen stieg zwischen den ältesten und den jüngsten erwachsenen Altersgruppen von 2,8 % nur zu 5,2 %[10]. Der Zuwachsen bei Männern mit 4 Mittelschulklassen scheint ganz ähnlich sich ausgefaltet zu haben von 4,1 % in den ältesten und 8,4 % in den 20-29 aber nur 6,9 % in den 15-19 Altersklassen.[11] In der Wirklichkeit sollte dieser Anstieg etwas grösser gewesen sein wegen die nach Bildungsniveau vermeintlich unterschiedliche Todesrate : die Gebildeten sollten eine höhere Lebenserwartung haben, daher viel mehr Überlebende von ihnen in 1910, und folgenderweise die kleinere gemessene Abweichung zwischen den extremen Altersklassen. (S. Karády-Nagy 2003, 9-10, Karády-Nagy 2004, 13).

Man findet eine Bestätigung des im grossen Ganzen geringes, in langer Sicht langsames und ruckartiges Steigen des Bildungsniveaus der Bevölkerung in den Studentenziffern der  Mittelschulen und der Universitäten. In den Gymnasien sind die Studentenzahlen von 1867 bis 1885 stagniert, in der Tat sich etwas vermindert (von 33.908 zu 32.909), danach schrittenschweise aber anfangs langsam (in 1895 40.483), später schneller gestiegen um nach 1910 fast die doppelte Zahl (60.613) des Ausgangsstadium zu erreichen. Für die neuen Mittelschularten ohne Latein war das Wachsen viel schneller fortgeganden. Die Realschulen (mit 2661 Schüler in 1867) und die Bürgerschulen (7077 Schüler in 1875) haben ihre Studentenzahlen bis in die 1910-er Jahren vervierfacht und die ’höheren Handelsschulen’ (nur 688 Schüler in 1880, 8308 in 1910) mehr als zwölffach vergrössert. Bei den Studenten der Universitäten (Budapester Universität, Budapester Technische Hochschule und – seit 1872 – Kolozsvárer Universität) und Rechtsakademien (12 Anstalten am Ende der Epoche) gab es - ähnlich wie in den Gymnasien - bis in die 1890er Jahren kein nennenswertes Wachstum. Danach stieg diese Zahl bis 11893 in den 1910-er Jahren. (S. Karady 1997, 178.) Dieses lange Stagnieren der Schüler und Studentenziffern in Anstalten der Elitenbildung deutet darauf hin dass, einerseits, der Schulmarkt und der intellektuellen Aktivitätsmärkte sich nicht ganz parallel entwickelt haben, und andererseits, dass die seit den 1860-er Gründungszeit sich dynamisch entfaltende Industrialisierung  und durch - unter anderen - die rasche Verstädterung, den Ausbau des Eisenbahnnetzes und der öffentlichen Industrien gekennzeichnete allgemeine Wirtschaftsentwicklung nicht direkter Weise in zeitlicher Reihenfolge mit der Vermehrung der Zahlen der Gebildeten und der Intelligenz verbunden werden darf.

Als konretes Beispiel dafür darf die Diskrepanz in 1910 zwischen der Zahl der intellektuel tätigen in der aktiven Bevölkerung (310.713[12]) und derjenigen die mindestens 8 Mittelschulen abgelegt haben (251.528) angeführt werden. Diese zeigt dass am Ende unserer Periode das Bildungskapital der Bevölkerung viel weniger gewachsen hat als die nicht handwerkerisch angestellte Aktivbevölkerung, um so mehr dass zu den letzteren die ’unabhängigen’ wirtschaftlich Aktiven (wie an der Tabelle 1.) auch zugezahlt werden sollen. Obwohl es gibt auf Landesebene keine globale Angaben über das allgemeine Bildungsniveau in früheren Zeitpunkten, diese Ziffern lassen vermuten dass auch früher ein beträchtlicher Teil der intellektuel Aktiven Bevölkerung ohne höheres Bildungsgrad wirkte. Dies steht klar heraus aus einem tabellarischen Ausweis des Schulungsniveaus der Mitglieder des öffentlichen Dienstes.[13] Aus den 1885 angeführten Beamten und gewählten Dienstleistenden – Spitzenangestellten der örtlichen Verwaltung - weniger als die Hälfte (46,7 %) war in 1881 mit einem Hochschuldiplom versehen, dazu kam noch 16 % die akademische Bildung (ohne Diplom) und 11 % die die Abitur hatten, aber ein Viertel besassen nicht einmal eine Befähigung solchen Niveaus. Es liegt auf der Hand dass dieser Ausweis eigentlich als Vorbereitung für das staatliche Qualifikationsgesetz (1883) dienen sollte, die die Ernennung zu unterschiedlichen Posten des öffentlichen Dienstes (ab 4 Mittelschulklassen) an im voraus bestimmte Bildungsniveaus knüpfte. Nach anderen Angaben noch am Anfang 20. Jahrhunderts kaum mehr als zwei Drittel der Komitatsbeamten besassen eine völlige Mittelschulbildung. Dies sollte der Fall sein auf jedenfalls in manchen Komitate nach dem Ausgleich (60 % im Komitat Esztergom in 1867).[14]

Das in der Privatwirtschaft auch – obwohl eher indirekt – angewandes 1883-er Qualifikationsgesetz erinnert daran dass solche staatliche Regelung auch weitgehend in das funktionieren des Bildungsmarktes eine Rolle spielen kann. Neben der durch das Bildungangebot des Schulmarktes und der durch Wirtschaftentwicklung geförderte Nachfrage nach bescheinigten Kompetenzen haben in Ungarn in dieser Hinsicht die Vorschriften der Behörden auch mächtig zum beschleunigten Steigen des Bildungsniveaus seit den 1890er Jahren beitragen sollen.

In diesem Zusammenhang sollen dreierart Bemerkungen zum Funktionieren des Schulmarktes gemacht werden.

Erstens soll man sich darüber im klaren sein dass die vom Aussen ausgelöste Zunahme der Nachfrage auf dem Schulmarkt sich erst nur verspätet auf Abitur- oder Hochschulebene ausdrückt, weil die nötige Entscheidungen der Familien ihren Kindern eine lange schulische Erziehung zu sichern erst auf Primarebene getroffen werden sollen.

 Zweitens muss mann die Elastizität des Schulmarktes in Betracht ziehen. Das schulische Angebot kann auch ohne entscheidende Vermehrung der Anstalten gesichert werden, da im selben Schulnetz mehr oder weniger Schüler ausgebildet werden können. Manche Schulklassen oder Vorlesungssäle dürfen dutzende aber auch hunderte von Studenten beherbergen. Diese Elastizität geht von sich selbst für die höhere Anstalten, deren Zahl von 1872 bis 1914 (trotz der oben angezeigten Vermehrung durch Faktor 2,5 der Studentenzahl) praktisch nicht geändert hat. Das Selbe gilt aber genauso für das klassische die Abitur anbietende Mittelschulwesen. Zwischen 1870 und 1910 hat man in Budapest 12 und in der Provinz 26 neue Anstalten gegründet zu den bis dann funktionierenden 67 Gymnasien und Realschulen (s. Mészáros 1988, 356-357) – ein Zuwachs von insgesamt nur 54 % des Mittelschulangebotes -, wenn die Schülerzahlen sich in der selben Zeit fast verdoppelt haben (mit einem Zuwachs von 95 % - s. Karady 1997, 178).

Drittens, in den Zahlen der Gebildeten der Anteil von Frauen nach Bildungsniveau und Anstellungsebene sehr ungleich vertreten wird. Weil in der Gruppe mit mindestens 8 Mittelschulklassen in 1910 nur 15,7 % Frauen waren, diese machten die Mehrheit (55 %) derjenigen aus die nur 4 Mittelschulklassen Absolviert haben.[15] In diesen Umständen konnten sie erst spät und nur auf den niedrigsten Niveaus der Intelligenz eine Anstellung finden (Kindergartnerinnen, Lehrerinnen, Hebammen). Als Frauen nur seit 1895 zu den Philosophischen und Medizinischen Universitätsfakultäten zugelassen wurden (aber nicht in die anderen Studiengängen, ausser der Kunstakademien), und dies zuerst nur durch eine als ’Privatschüler’ in den Gymnasien zu erhaltende Abitur, ehe die ersten ’höheren Mädchenschulen’ ab 1900 selbst das Recht für Abitur bekommen haben (s. Mészáros 1988, 108-109), die Zahl der akademisch ausgebildete Frauen blieb bis zum Weltkrieg bescheiden. In der Studentenschaft der beiden erreichbaren Studienzweigen gab es in 1910/11 unter den 4188 Studenten nur 347 Frauen (bloss 8 %)[16]. Sie waren folgenderweise praktisch von den meisten Berufszweigen der ’Eigentlichen Intelligenz’ ausgeschlossen und ihre Teilnahme beschränkte sich auf die niederen Rangstufen die nur selten Elitenbildung gebrauchten. 1910 nur um 7 % der in der Privatwirtschaft tätigen Frauen (gegen ungefär 50 % der Männer) und 38 % der im öffentlichen Dienst und in den Freien Berufen aktiven Frauen (gegen 75 % der Männer) hatten 8 Mittelschulklassen oder eine höhere Erziehung hinter sich.[17]

Damit kommt man zum komplexen aber in Ungarn ziemlich gut dokumentierten Problem der Berufsstruktur der Intelligenz im behandelten Zeitalter an. Obwohl die in den Zensi benützten Kategorien über vierzig Jahren keineswegs als volkommen identisch angesehen werden, kann man die wichtigsten Globalen Zahlen zwischen 1870 und 1910 in der Tabelle 2 vergleichen.

 

Tabelle 2.

Die verteilung der Intelligenz nach grossen Berufszweigen in 1870 und 1910 (%)

 

                                                                                 1 8 7 0[18]           1890[19]      1 9 1 0[20]

 

Geistliche (Kirchendienst)                                          14,6                 11,0              6,7    

Öffentlicher Dienst (Verwaltung, Gesetzgebung)      26,1                 14,7             13,4

Lehrberuf                                                                    23,0                 19,6              19,1

Grundstückverwalter, Agrarbeamte                           11,8                   6,8               3,6

Rechtspflege                                                                 3,6                   8,8               8,2

Mediziner, Pharmazisten                                              2,8                   9,6               8,1

Wissenschaft, Kunst, Literatur                                    1,1                    1,5               2,8     

Wirtschaftsbeamte (Privat)                                         19,9                  22,2            34,6                       

Militäroffiziere                                                              ?                      3,8               3,1

Andere Berufszweige                                                    ?                      1,8               1,2   

  ______________________________________________________________

Zusammen                                                                100,0                100,0           100,0

 N =                                                                       135 965            174 843        310.713

 

Die Tabelle 2 schildert klare Tendenzen.  Alle die alten, im Feudalismus aktiven Berufsbrachen – wie Offizierskorps, Kirchendienst, aber auch der Verwaltungsapparat selbst - erlitten einen fortschreitenden relativen Verlust. Bei der Geistlichkeit kam diese Dekadenz im sehr langfristigen Stagnieren der Personalzahlen gleich, da die Belegstärke der Kirchen bestand schon am Ende des 18. Jahrhunderts aus 19 907 Seelen (1790 – s. Vörös 1975, 6) gegen nur 21 025 Hundert zwanzig Jahre später[21]. Diese Zahlen weisen auf beschleunigte Säkularisation hin, als die die Seelensorge möglicherweise nachfragende Bevölkerung sich in dieser Zeitspanne (von cc. 8 zu 18,3 Millionen[22]) mehr als verdoppelt hatte, ohne dass die technische Effizienz der Seelensorge sich verbessert hätte.

Etwas erstaunlich erscheint der ebenso beträchtlicher Anteilsverlust des Staatsdienstes im Zeitalter des Ausbaus des Nationalstaates. Aber dieser Verlust geschieht vor allem vor 1890 und entspricht der allgemeinen relativen Stagnation der Proportionen der Intlligenz in der aktiven Bevölkerung (Mazsu 1997, 73), während die nächsten zwei Jahrzehnten zeugen vom fast so schnellen Wachstum des Verwaltungsdienstes wie der ganzen Intelligenz. Der Lehrberuf scheint im grossen Ganzen den selben Weg des relativen Stagnierens durchgemacht zu haben, was in Rohzahlen doch eine auf langer Sicht bedeutende Expansion aufweist. Bei den beiden klassischen Freiberufen – Rechtspflege und Medizin (obwohl die erste nur teilweise freiberuflich war) – findet man anfangs eine sehr stärke Expansion die in den späteren Jahrzehten wandelt sich in progressives Wachstum um.

Das Anteil der privatwirtschaftlich angestellten Intellektuellen folgt die Dynamik des Ausbaus der industriellen Gesellschaft. Die Proportionen der Agrarintelligenz schrumpfen allmählich ganz radikaler Weise ein, während das Anteil der städtischen Wirtschaftszweigen eine schrittenweise schnelle Ausdehnung erfährt.

   Diese Entwicklungen dürfen hier aus Platzmangel nicht näher angegangen sein. Es ist viel wichtiger den in Ungarn ziemlich charakteristischen regionalen Ungleichheiten des aufkommenden modernen Intelligenz nachzugehen wie diese in der Tabelle 3 vorgelegt sind. Für die Komplexität dieser Tabelle soll uns die Tatsache trösten dass ähnlich präzise Indizien taufen sonst ausserordentlich selten in der europäischen Gesellschaftsgeschichte auf. 

 

Tabelle 3.

Die Intelligenz nach Regionen[23] und Aktivitätszweigen in 1910[24].

 

        Aktive agrar- Indus- Wehr- Ver- Juztiz- Kir- Schul- Gesund- Kunst, ganze- Männer

        Bevöl- wirt-   trie,    macht   wal- wesen chen- we-  heits-    Wissen- Intel-    mit 8

        Kerung schaft Handel          tung           dienst  sen   sorge      schaft  ligenz  Mittel-

                                                                                                                                 Schul-

                                                                                                                               klassen

Transdanu-    16,8   21,4     9,5     15,9   12,8   12,5   17,0   15,0   15,4      8,9       12,7      12,8                                                                                                                             

bien

Nord-West    11,8   17,4     7,9     11,1     9,7      9,1   12,2   10,6   10,9      4,7      10,0        9,6

Zw. Donau    14,9   11,9   12,1      9,4    15,0    14,2   11,1   14,5   14,8     13,5     14,0     12,5

u. Theiss[25]

Budapest        6,4      2,5   39,6     20,1   17,1    18,8     4,2   15,0   13,0     43,4     16,5     25,6

Nord-Est        9,3     12,2    6,3       9,6      8,6     8,1    11,3   10,3   10,2      5,4       7,2       8,6

Links der      13,3     16,6    7,6      7,9    11,9    12,0    13,6   12,1   13,8      8,0      12,2      9,9

Theiss

Zw. Theiss    11,9      9,3    7,6     10,1   11,0    10,3    10,5    8,9     9,5      7,9        9,0       8,2

u. Mieresch

Siebenbürgen 15,2     9,3     7,5    14,6   13,5    14,6    20,0   13,0   12,0      7,9     11,4     12,0       

Zusammen[26] 100,0 100,0  100,0 100,0 100,0 100,0  100,0  100,0 100,0  100,0   100,0   100,0

N (in 1000) =7.750 11,4   107,5   9,7     41,4    25,6    21,0   56,4   25,1      8,9    310,7  211,9         

%                              3,7    34,6    3,1     13,3       8,2     6,8   18,2      8,1     2,9    100,0[27]                  

 

Die Wesenszüge der sehr ungleichen territorialen Verteilung der Intelligenz wiedespiegelt weitgehends die ungleiche wirtschaftliche Entwicklung der Regionen.

Mit ein sechster aller Intellektueller aber zwei fünter derjenigen in der ausseragrarischen Privatwirtschaft und noch mehr in kulturellen Aktivitäten (43,4 %) gegen nur 6 % der Bevölkerung, die Hauptstadt ragt davon am Ende der Dualistischen Epoche ganz heraus als das absolute Entwicklungszentrum des Landes. Sie hatte schon in 1890 diese Lage aber etwas weniger markanter Weise mit 12 % der ganzen Intelligenz, 33 % aller in der Privatwirtschaft ausserhalb der Landwirtschaft aber schon 45 % im Kulturschaffen und in der Wissenschaft.[28] Dagegen bleibt Budapest logischer Weise mit seinem bescheidenen Anteil an der Agrarintelligenz aber auch an der traditionellsten intellektuellen Branche (Geistlichkeit) nach der Provinz zurück. Das bezieht sich natürlich nicht an die Wehrmacht, deren Führungstab mit den Regierungsbehörden und den Gesetzgebenden Körperschaften in der Haupstadt Konzentriert ist. Der geringe Anteil des Kirchendienstes lässt den fortgeschrittenen Säkularisationstrend in der Hauptstadt erkennen. („Stadtluft mach frei”…von Traditionen.).

Dieses starke Übergewicht von Budapest in den modernen Tätigkeitsfeldern der Intelligenz drückt die vergleichbare Indizien aller Provinzregionen ab. Die einzige relative Ausnahme stellen die mittlege Komitate in der Umgebung von Budapest, im Zentrum der Tiefebene und des ganzen Landes (zwischen Donau und Theiss) dar. Das soll mit der Ausstrahlung des Haupstädtischen Wirtschafts- Verwaltungs und Kulturzentrum zu tun in der direkter Umgebung der Hauptstadt (im Komitat Pest 3,8 % der Aktiven Bevölkerung übt intellektuelle Berufe aus gegen 2,3 % auf der Provinz ausserhalb der Städten), aber auch mit der relativ hohes Grad an Verstädterung in dieser Region (16 % der aktiven Bevölkerung in Städten mit autonomer Munizipalbehörde gegen 8,2 überhaupt ausserhalb Budapest), auch wenn die Haustadt an die Intelligenz ihrer Umgebung einen sehr starken Absaugeffekt ausübt. Auf jedenfalls diese mittlere Region ist die einzige wo der Anteil der Intelligenz fast am selben Niveau liegt wie in der aktiven Bevölkerung, namentlich in den modernen Berufszweigen (Schul- und Gesundheitswesen) -, in bestimmten Bereichen (wie in der Verwaltung) sohar höher. Da auch, logischer weise, findet man den Kirchendienst und die Agrarwirtschaft bedeutend weniger besetzt wie sonst auf dem Lande.         

Das Übergewicht der zentralen Region lässt aber die herkömmliche Divisionsprinzipien zwischen einen angeblich zurückliegenden Osten und einen Entwickelteren Westen fast nicht zur Geltung geraten. Bestimmt findet man im Westen und im Nord-Westen die Schul- und Gesundheitswesen relativ überentwickelt, aber dies gilt paradoxerweise noch mehr für die Agrarintelligenz und den Kirchendienst, dagegen gar nicht für die in modernen städtischen Wirtschaftszweigen aktiven Berufsgruppen. Im Gegenteil bleibt Links der Theiss und zwischen Theiss und Maros der Anteil der Intelligenz verglichen mit dem Bevölkerungsanteil relativ weniger als im Westen zurück.

  Auffalend schwach sind hingegen die Positionen der Intelligenz in Transsylvanien mit bedeutender Unterrepresentation in jedem Berufszweig ausser dem Kirchendienst. Die einmalig kräftige Ausdehnung des kirchlichen Personals versteht sich durch die einmalige Konkurrenzlage mit Beteiligung praktisch aller in Ungarn anwesenden Religionsgruppen (die Unitarier einbegriffen, die ausser Siebenbürgen nur sporadisch vorkommen) und durch die unentbehrliche gesellschaftliche Integrationsfunktion die die Geistlicher der ethnisch dominierten Kirchen (wie die sächsisch-lutherische, die rumänisch- oder serbisch-orthodoxe oder die rumänisch und ruthenisch-griechisch-katholische) für Mitglieder ihrer Gläubigergemeinden ausübten Die relative Unterentwicklung der Intelligenz Transsylvaniens ist besonders bemerkenswert in der städtischen Privatwirtschaft und im Kulturbereich, aber auch in der Agrarwirtschaft. Die letztere soll mit der relativ kleinen Zalhl von Grossgrundstücken zu tun haben, als die Hauptgruppe der Agrarintelligenz aus Grundstückverwalter bestand. (Die 1910 Völkerzählung findet insgesamt 11 % der Grossgrundbesitzer und Grundstückpächter über 100 holds Ungarns in Siebenbürgen, aber nur 10 % der Besitzer über 1000 holds.[29] Das überschreitet wesentlich kaum den Anteil der Südostregion in der ganzen Agrarintelligenz an Tabelle 3.) Es ist vielleicht noch erstaunlicher dass das in der nationalistischen Erinnerungswelt als Wiege, Nährungserde und Bewahrungsland der historisch entstandenen ungarischen Wissenserbe vorgestellte Siebenbürgen auch für die im Schulwesen und noch viel mehr in der Wissenschaft und der Kunst tätigen Intellektueller eine krasse Unterrepresentation aufweist.  Wenn man weist das Transylvanien seit 1872 Sitz der zweiten Universität im Lande war und noch gegen 1900 über relativ mehr Primarschulen (17,6 %[30]) und Mittelschulen (19,1 %[31]) verfügte als sein Anteil in der Bevölkerung, man muss annehmen dass diese Bildungsanstalten kleineres Publikum anzogen als sonst, oder dass ein Teil der örtlich ausgebildeten Eliten an Ort und Stelle keine Anstellung oder Teilhaberschaft an ihrem Berufsmarkt erhalten konnten. 

In der Reihe territorialer Ungleichheiten muss man noch die prominente Rolle der grösseren Städten auch ausserhalb Budapest hervorheben. 1910 hat sich nur 8,2 % der aktiven Provinzbevölkerung in den mit autonomen Munizipalrechten versehenen Städten konzentriert.[32] Aber in diesen 8,6 % der aktiven Bevölkerung gehörte der Intelligenz an, gegen nur 2,3 % in der übriggebliebenen Provinzbevölkerung. Im grossen ganzen 40,5 % der Intelligenz Ungarns war am Ende der behandelten Zeitalters in Städten wohnhaft, in Wirklichkeit eigentlich noch viel mehr, wenn die Kleinstädten auch in Betracht genommen werden (worüber diesbezüglich noch leider keine genauere Angaben zugänglich sind). Manche moderne intellektuelle Berufe gehörten vorwiegend städtischen Funktionen an, aber keine so entscheidend wie die Beschäftigung mit Literatur, Kunst und Wissenschaft (bis zu 63 % - Budapest einbegriffen[33]). 

            Letztens soll man die regionale Verteilung der mit mindestens Mittelschulbildung versehene Bevölkerung (letzte Zifferkolumne der Tafel 3), die – wie an Tabelle 1 - den grössten Teil der Intelligenz bilden müsste. Die Abweichungen zwischen der Verteilung von Gebildeten und der aktiven Intelligenz sind in der Tat überall bescheiden und nicht systematisch, abgesehen von der Hauptstadt. Mit genau ein Viertel aller Mittelschulgraduierten konzentriert sich in Budapest ganz sichtbar ein Viertel aller bescheinigten Gebildeten, also viel mehr als die formell sich in intellektuellen Berufen Betätigenden. Das scheint eine logische Konsequenz der Tatsache sein dass nicht nur die Intelligenz sondern auch ein Grossteil des gebildeten Bürgertums, ob aktiv oder passiv (die Privatiers, aus ihr Vermögen Lebendigen, usw.) oder der pensionierten höheren Staatsbeamter erwählten ihren Wohnsitz in der Hauptstadt.

           

Ethnisch-konfessionelle Zusammensetzung und Ungleichheiten

 

Damit gelangt man zum markantesten Problemkreis des historischen Ausbaus der ungarischen Intelligenz der mit den einzigartigen Bedingungen des Ausbaus des Nationalstaates verbunden war. Dies war nämlich ein Nationalstaat wo die ’tituläre Elite’ (der liberale Adel) aus einer historisch dominanten ethnischen Minderheit hervorkam und wo – einmalig im modernen Europa – es weder ethnische, noch konfessionelle Mehrheitsgruppe gab. (Gegen 1850 wurde ja der Anteil der Magyaren bloss um 41,5 %[34] und derjenigen der Römisch-Katholiker in 1890 auf 47 % der Bevölkerung[35] geschätzt.) Am einfachsten dürfte das Problemkreis durch drei Paradoxe gekennzeichnet werden.

Erstens stellte sich die Intelligenz in der Öffentlichkeit gern als das zentrale Teil der neuen nationalen Gesellschaftselite vor – die Bildungspole der ’herrischen Mittelklasse’ deren andere Bruchteile aus den Überreste des Adels (die Gentry) und dem unternehmerischen Bürgertum bestanden -, aber in der Wirklichkeit war sie im Laufe der Zeit ebenso tief wie die andere Bruchteile der ’nationstragende’ (oder ’nationsbildende’ – nemzetalkotó) Mittelklasse geteilt geworden gerade nach ethnisch-nationale Kriterien, dass ihre mit Bildungsberechtigungen am stärksten ausgerüsteten Berufskategorien von einer Mehrheit von nicht-Magyaren besetzt wurden.

 Zweitens, diese Intelligenz folglich weitgehend fremden (nicht Magyarischen) Ursprungs hat zwar ihre kulturelle Wurzeln in ihrer ideologischen Selbsbehauptung durch einen geschleunigten Assimilationsprozess grösstenteils aufgegeben, aber ihre Berufswahl und Laufbahnchancen, sowohl ihre Beziehung mit der (wie oben gesehen bis zum Ende vom magyarischen Adel dominierten) Machtelite durch ihre Abstammung markiert blieb.

Drittens, innerhalb der ’assimilierten’ Intelligenz ragen sich in jeder Hinsicht – schulische Prominenz, höchste Bildungsberechtigungen, privilegierte Wahl der zur Konkurrenz am meisten ausgesetzten Berfufsfelder, kompensatorischer ’Magyarismus’, Unterstützung der Erneuerungsbewegungen des nationalen Kulturschaffens, usw. - die Juden hervor. Doch blieben sie bis zum Ende der Epoche (und am Ende mehr als früher) als Aussenseiter, wennicht als Eindringlinge oder eine Art Gegenelite angesehen. Daher das Gewicht des Problems der Division nach ethnisch-religiöser Herkunft, deren empirische Erfassung deshalb problematisch ist, dass die Paradigmen kulturellen Hintergrundes oder Erbe immer zusammen mit Kriterien territorialer und sozialer Abstammung und unterschiedlich nach Altersgruppen sich geltend machen, worüber aber die nötigen kombinierten Variabeln noch nur sehr bruchstückhaft ausgearbeitet sind. (S. doch Karády-Nagy 2003, Ibid 2004 und ibid. 2006.)[36]

Die Problematik der kulturellen Erbe oder Abstammung ist um so wichtiger, dass die sprachlich nicht magyarischen Minderheiten waren gezwungen wegen der quasi monopolistischen Einrichtung der Elitenbildung in Ungarn für Mittelschul- oder Hochschulabschluss eine Reihe assimilatorischer Schwierigkeiten zu überwinden.

 Das Primarschulwesen bis zum Ende des langen 19. Jahrhunderts ausserhalb Budapest (wo die meisten Primarschulen seit 1868 durch die Stadtbehörden munizipalisiert und auf Ungarisch verwaltet waren) weitgehends der Kompetenz der Kirchen gehörte. In 1914/5 noch 69 % der Primarschulen standen unter kirchlicher Verwaltung, damit eine viel beträchtlichere Mehrheit in der Provinz.[37] Diese dürften bis dem 1907 Lex Apponyi in ihrer Lehrtätigkeit ziemlich frei die Umgangsprache ihrer Gemeinden verwenden. Wenn 1881-85 nur 48 % des Primarunterrichts wurde auf Ungarisch geleistet[38], dieser Anteil ist bis 1914/15 auf 80 % gestiegen, obwohl nur 57,8 % der Schüler bezeichneten sich damals als ungarischer Muttersprache.[39] Im Rahmen der offiziellen Magyarisierungspolitik im Schulwesens die Lehre der ungarischen Sprache bereits 1879 in Volksschulen überall ein Pflichtfach wurde. (S. Hajdú 1980, 24.) Nach 1907 wurden die magyarisch lehrenden Primarschulen vorzugsweise unterstützt, so dass viele (vor allem die slowakischen) es günstig fand ihre eigene Lehrsprache fürs Ungarische umzuwechseln. In der Elitenbildung dagegen herrschte seit 1867 fast monopolistisch der ungarischer Unterricht. Obwohl im klassischen Mittelschulwesen die Kirchen bis 1918, trotzt allmähliche Gründung von staatlichen und städtischen Anstalten seit den 1860er Jahren, das Übergewicht behalten haben (in 1909-1915 noch 68 % der Abiturienten aus kirchlichen Gymnasien und Realschulen kam – s. Karady 2000 A, 282), 1910 nur 16 aus den 168 Abitur gewährenden Mittelschulen bot teilweise oder völlig nicht ungarischen Unterricht an.[40] Auf Hochschul- und Universitatsebene war das Monopol der Staatsprache von Anfang an gänzlich durchgesetzt mit der Ausnahme einiger Priesterseminare.

Diese Situation bedeutete dass Elitenbildung in Ungarn mit volkommener sprachlich-kultureller Assimilation verbunden war. Manche ethnisch-nationale Minderheiten haben daran sicherlich gelitten. Diese (wie viele Rumänen, Serben, Ruthenen oder auch Slowaken) wurden daher in ihrem schulischen Mobilitätsdrang behindert und sogar von Integrationsstrategien in den magyarischen Mittelklassen abgeführt. Für andere (vor allem Juden, Deutsch-Katholiker oder Deutsch-Lutheraner ausser Transylvanien) bot diese eine Chance ihre marginale Lage in der nationalen Mittelschicht abzuschaffen oder durch Bildungsleistungen zu kompensieren, oder sogar schulische Integrationsstrategien bewerkstelligen (wie Juden in staatlichen Primarschulen oder in protestantischen Gymnasien) aus dem Zweck weiterer gesellschaftlicher Eingliederung. Für lutheranische Sachen Transsylvaniens im Gegenteil, die einzige Minderheit die über genügende Mittelschulen verfügte für eigenen Bedarf, ihre schulische Autonomie an Ort und Stelle, ergänzt durch die Möglichkeit in deutschsprachigen Universitäten des Habsburgerreiches, Deutschlands oder der Schweiz weiter zu studieren, erlaubte die Behauptung ihrer Sonderstellung im magyarischen Nationalstaat. (Est ist empirisch bewiesen dass lutheranische Studenten Ungarns, vor allem Sachsen, in deutschsprachigen Hochschulen in der Tat auffallend stark überrepresentiert waren. S. Szögi 2001, 55-57, Kiss-Szögi 2003, 25-27, Patyi 2004, 33-35, Mészáros 2001, 53.)

 An der Tabelle 4 werden die grundlegenden Endresultate der Wissensproduktion unter der Gestalt konfessionellen Ungleichheiten der Verteilung des investierten intellektuellen Kapitals nach den grösseren territorialen Einheiten des Landes dargestellt. In der Randverteilung rechts widerfindet man die schon behandelte allgemeine Feststellung dass die These jeglicher intellektuelle Überwiegenheit oder Prominenz Westungarns die Probe der empirischen Wirklichkeit nicht besteht. Der hervorragende Stand von Budapest ist ebenso bestätigt. In der Randverteilung unten (letzte Linie) kann mann hingegen eine ausserordentlich divergierende Rangodnung des erreichten Bildungsniveaus unterschiedlicher Religionsgruppen herauslesen.  Diese Hierarchie ist deshalb sehr wichtig im Kopf zu halten, da diese in allen anderen mit der ungleichen Modernisierung verbundenen Indizien (wie schulische Leistung, frühe Abgangsrate, Wiederholung srate von Klassen, Studienwahl, durchschnittliches Alter der Promotion, Berufstrategien – Option zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst, usw.) regelmässig wiederspiegelt wird.

 An der Spitze dieser Rangordnung befinden sich eindeutig die Juden mit ungefähr fünffach mehr hochgebildeten Männern gegenüber den christlichen Durchschnitt. (Im angegebenen Landesdurchschnitt sind Juden selbst einbegriffen.) Danach kommen mit grossem Abstand Mitglieder der kleinen, wesentlich in Siebenbürgen konzentrierten und rein magyarischen Unitarischen Gemeinden. Die Lutheraner, eine ethnisch zwischen den Mehrheitlichen Sachsen und Slowaken einerseits, den minderheitlichen Magyaren andererseits geteilte Konfessionsgruppe, folgen danach. Die Katholiker und Reformierten (Calvinisten) nehmen eine in dieser Reihe ziemlich unten liegende Zwischenposition ein. Die Glaubiger der zwei Gemeinden des östlichen Christentums (mit einer Mehrheit von Rumänen, Ruthener und Serben) zeigen eine unbedeutend schmale Schicht von Gebildeten auf.   

 

  Tabelle 4. % der Männer mit mindestens 8 absolvierten Mittelschulklassen nach Konfession und Region (1910)[41]

 

 

Römisch kathol.

Griechisch Or- thodox

Griechisch Kathol.

Refor-miert

Lutheraner

Unitarier

Juden

Alle

Transdanubien

1,46 

1,52*

4,7*

1,73

2,00

1,36*

8,95

1,76

Nord-West

1,46

1,03*

6,2*

3,19

2,10

5,00*

8,93

1,76

Zw. Donau u. Theiss

1,43

1,29

2,5*

1,82

2,23

9,34*

10,90

1,83

Budapest

 

9,1

12,05*

9,1

10,0

7,47

21,66*

20,29

12,48

Nord-Osten

 

2,0

5,17*

0,87

2,22

4,27

18,20*

4,58

2,15

Osten, Rechts der Theiss

3,39

041

0,6

1,51

2,03

1,05*

4,00

1,63

Zw. Theiss und Mieresch

2,30

0,56

1,46

2,86

2,61

1,76*

13,78

1,62

Siebenbürgen

 

3,90

0,66

0,78

2,69

3,50

3,18

6,18

1,89

Ganz Ungarn

2,22

0,70

0,82

2,23

3,12

4,35

10,07

2,30

 

Diese scharfe Ungleichheiten haben aber eine merkwürdig uneinheitliche territoriale Dimension inne.

Wenn in Budapest jede Gruppe eine besonders markante Bildungsprominenz aufweist (obwohl Juden da auch doppelt so grosse als die Anderen), die ost-westliche Division zu Gunsten eines kräftigen westlichen Bildungsvorteils tut sich eindeutig bloss bei Juden kund. Bei ihnen bleibt die zahlreiche durch die Dominanz der Orthodoxie und deren hassidistische Flügel gekennzeichnete ostjüdische Bevölkerung (im Nord-Osten, Rechts der Theiss und auch in Siebenbürgen) der westlichen Judenschaft gegenüber markant zurück. (S. Karady 1997/A, 249-274.) Unter Lutheraner ragen vom Durschnitt nur die nord-östlicher (Zipser) und Sibenbürgen Sachsen hervor. Die deutschsprachigen Mittelschulen der letzteren haben zur Reproduktion ihrer gebildeten Eliten regelmässig auf relativ hohem Niveau beitgetragen. Bei den Reformierten treten die territorialen Ungleicheiten unregelmässig hervor und bei Römisch Katholiker sind sie zum Vorteil der östlichen, sporadischer anwesenden Gruppen verkehrt. Auffallend stark erscheint die relative Prominenz der Siebenbürgen Katholiker deren Anteil an hochgebildeten Eliten das Niveau der angeblich am besten ausgestatteten Sachsen – gegen herkömmlichen Vermutungen - nachweisbar überragt. Bei den Gruppen Griechischen Ritus und bei Unitarier tauchen nur statistisch undeutbare regionale Unterschiede auf, da diese Religionsgemenschaften wesentlich in Ostungarn, vor allem in Transylvanien selbst konzentriert waren.    

In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage an wie diese charakteristische ethnisch-konfessionelle Ungleichheiten in der historischen Entwicklung der modernen Intelligenz entstanden sind. Diese dürfte durch Angaben über den ungleiche Fortschritt der Einschulung konfessioneller Gruppen erleuchtet werden.

 

Tabelle 5. Das Publikum der Gymnasien und Realschulen nach Religion (1867-1910)[42].

 

A. Die rohe Zahlen

 

 

Römisch Katholisch.

Griech-isch Or- thodox

Griech-isch Kathol.

Luthe-raner

Refor-miert

Unita-rier

Jüdisch

Alle

1867

15648

1831

2043

3970

4614

292

3112

31510

1870

15728

1860

1953

4167

6329

280

3924

34241

1880

16700

1913

1738

4032

5462

338

8367

38550

1890

18043

2141

1701

4398

5535

290

7843

39951

1900

25063

2963

2460

5724

8253

440

13119

58022

1910

30337

3781

3082

6363

9811

558

15236

69168

 

B. Entwicklung des Anteils der Mittelschüler in den im Schulwesen beteiligten wichtigsten Religionsgruppen (Erschätzung in % der Altersklasse von 10-18 Jahren zwischen 1869 und 1910)

 

 

Römisch Kathol.

Refor-miert

Lutheraner

Juden

 

1869

3,4

4,5

5,3

  8,8

 

1880

3,2

3,2

4,5

16,8

1890

3,2

3,3

4,9

17,7

1900

3,8

4,4

5,8

19,5

1910

4,1

4,7

6,2

20,1

 

Wenn man die Deutung der 5. Tabelle mit der zweiten Teil beginnt, kommt man sofort zur verblüffenden Schlussfolgerung, dass die altersklassenspezifische Anteilen der sich in der Elitenbildung befindenden christlichen Gruppen eigentlich bis in die 1890-er Jahren stagnierten oder sogar abnahmen, und der Aufschwung war auch danach ziemlich bescheiden, bei Reformierten gänzlich belanglos. Die Entwicklung der Einschulungsraten erscheint nur bei jüdischen Schüler erheblich mit in der Zeit regelmässigem Wachstum der Teilnehmer im Bildungsprozess und der mehr als verdoppelten Teilnehmerzahlen innerhalb der beobachteten vierzig Jahren.  

Aber abgesehen von den Relativzahlen man kann im ersten Teil der Tabelle 5 bei bestimmten Gruppen – den griechisch Katholiker un den Unitarier – bis in die 1890-er Jahren eine erstaunliche Stagnation der absoluten Zahlen oder sogar ihr Sinken erfassen, weil in den anderen christlichen Gruppen das Steigen der rohen Zahlen bleibt gering. Nur danach fang eine kraftigere Entwicklung an die – verglichen mit des Jahren des Ausgleichs - zur Verdoppelung der Schülerzahlen führen bei den grössten christlichen Gruppen, die Lutheraner, griechisch-Katholiker und Unitarier ausgenommen, die sich mit einem kleineren Wachstum begnügen mussten. Bei Juden aber haben sich die Rohzahlen fast verfünffacht und ihr Steigen ist auch viel regelmässiger, schrittweise fortgegangen. In diesen ungleichen Ziffen kommt zum Vorschein die sehr wichtige historische Tatsache dass die wesentlichste Neuheit der diesbezüglichen Entwicklung im dualistischen Zeitalter liegt im Vordrang und Selbstbehauptung der jüdischen und -  weniger markant – der lutherischen Intellektuellen.   

Diese konfessionnellen Unterschiede bringen impliziter Weise tiefe ethnisch-kulturelle Ungleichheiten im Zugang zur Intelligenz ans Licht. Die direkt verfügbale Angaben über ethnische Struktur durch die angemeldete Mutterssprache (oder seit dem 1900-er Zensus ’erste Umgangsprache’) würde diese eher verhüllen, allerdings herunterspielen, da der um die Jahrhundertwende (vor allem nach dem 1896-er Millenniumsjahr) in den Mittelklassen herrschender Assimilationsdruck die Magyarsprachigkeit in gebildeten Schichten fast obligatorisch machte. Die konfessionelle Zusammensetzung der Intelligenz lässt – wenn nur verschleiert - die absolute Dominanz des Magyarentum erkennen. Diese war bedingt zum Teil durch die ursprüngliche Schwäche oder sogar den Rückzug oder Zurückdrängung unter Assimilationszwang und Nationalitätenpolitik der rumänischen und der meisten slavischen Komponenten (ausserhalb der slowakischen) vom öffentlichen Dienst, zum Teil durch den Vorstoss der assimilationsbereiten jüdischen und deutschen Elementen, aber zu einem wesentlichen Teil auch durch die Umwandlung des ihre Grundstücke verlorenen Gentry ins öffentliche Beamtentum. (Hajdú 1981 1, ) Um das Ausgleich 1867 man findet noch viele Mitglieder der Minderheiten im Komitatsbeamtentum und im Richterstand die später daraus ausscheiden oder verdrängt werden. (S. Katus 1979, 1338, Hajdú 1980 2-3.) Die Posten der aufkommenden neuen Intelligenz des Nationalstaates wurden dieser Weise durch Stammungarn adeliger oder bürgerlicher Abstammung einerseits (besonders in den öffentlich kontrollierten Aktivitätsmarkten) und andererseits durch assimilierte Juden (in der Privatwirtschaft und in den freien Berufen), dabei auch durch magyarisierte Deutsche und Slowaken (ebenso im Staatsapparat wie ausserhalb) besetzt. Im Offizierskorps der gemeinsamen Armée wurden zum Beispiel die Deutsche dominant. (Hajdú 1980, 25.)

Die Analyse dieser Ungleichheiten kann an Hand der ausserordentlich feinen Angaben der Tabelle 5 näher angegangen werden.  In diesem reichen Agglomerat mancher der wichtigsten Strukturkomponenten der neuen Intelligenz kann man leicht fünf modellartig mehr oder weniger markant unterschiedliche Bekentnisgruppen isolieren mit Bezug auf eine durch die Gegebenheiten der Tabelle konstruierbaren Rangordnung der Modernität. Modern ist hier nicht einfach was neu war, dass heisst, konkreter Weise, die Berufszweigen die mit der Modernisierung des Nationalstaates und der frühindustriellen Gesellschaft zusammenhängen. Modern sind vor allem die Branchen mit freiem Berufsmärkten, wo Zugang und Erfolg durch meritokratische Prinzipien geregelt wird und vor allem vom Berufskandidaten dargebotenen intellektuellen Kapital abhängt, also nicht von der ständischen Lage oder der herkömmlichen Überreste dieser Lage (wie eben Ethnizität, Religion, adelige Familie, usw.). Die zwei polarisiert einander entgegengestellten extremen Modellfälle werden in dieser Hinsich durch Juden (als die modernsten) und zum Griechischen Ritus angehörige Intellektueller (als die traditionsellsten) exemplifiziert. Inzwischen kann man die Lutheraner (den Juden relativ am nächsten stehend) einerseits, die anderen westlichen Christen andererseits identifizieren. Im Deutungsschema dieser des Vergleichs wegen ausgearbeiteten Indizien soll man nicht vergessen dass, die konfessionellen

 

Tabelle 6. Die Berufstruktur der Intelligenz nach Religion (1910)[43]

                       

 

Römisch Katholisch

Griech-isch Katolisch

Refor-miert

Luthera-ner

Griechisch Orthodox

Unita-rier

Jüdisch

Agrar- Forstwirtschaft

          5,3

          2,1

          4,8

          4,2

        1,5

        4,5

        4,4

Industrie,Bergbau  Metal.

          9,6

          2,0

          4,6

        12,3

        2,6

        3,7

      21,1

Handel, Kreditwesen

          9,6

          4,2

          7,4

        10,9

        9,8

        5,6

      34,2

Verkehr (öffentlich, privat)

        11,0

          4,0

          8,6

          8,1

        2,9

        8,0

        5,2

PRIVATWIRT-SCHAFT

35,5

12,3

25,4

35,5

16,8

21,8

64,5

       Mediziner

          1,3      

          1,1

          1,7

          2,7

        1,4

        1,6

        4,5

       Rechtsanwalt

          2,7

          4,7

          4,1

          3,6

        5,1

        5,7

        8,2

       Ingenieur, Chemist

          0,5

          0,2

          0,4

          0,7

        0,3

        0,6

        0,9

       Journalist

          0,4

          0,1

          0,4

          0,4

        0,3

        0,6

        0,9

VERWALTUNG, GESETZGEBUNG

21,0

14,5

25,3

18,1

16,9

23,5

3,5

JUSTIZWESEN

9,4

10,7

12,3

8,2

11,0

14,9

10,2

     Richter,Staatsanwalt

          1,3

          1,3

          2,4

          1,3

        0,4

        2,8

        1,9

GESUNDHEITS-PFLEGE

3,7

2,5

4,1

5,9

2,5

4,1

6,8

KIRCHENDIENST

5,8

28,1

8,2

5,4

24,3

8,4

3,9

UNTERRICHT

14,7

28,5

17,7

17,5

23,0

20,4

6,1

     Privatlehrer,

Talmudist        

          0,6

          0,4

          0,5

          0,5

        0,3   

       0,6

        2,8

WEHRMACHT

6,1

1,9

3,0

5,7

3,1

2,8

0,4

KUNST,LITERATUR WISSENSCHAFT

2,9

0,9

2,7

2,3

1,3

2,4

2,8

ANDERE

1,0

0,5

0,8

1,1

0,9

1,6

1,2

ZUSAMMEN

100,0

100,0

100,0

100,0

100,0

100,0

100,0

N =

110.841

8.988

31.676

20.797

10.792

1.587

61.560

% (in der Linie)

45,0

3,7

12,9

8,4

4,4

0,6

25,0

% der Bevölkerung[44]

49,3

11,0

14,3

7,2

12,8

0,4

5,0

 

Kategorien nach anderen grundlegenden gesellschafthistorien Variabeln – wie Ethnizität, regionale Verankerung, Anteil des Adels und des alten freistädtischen Patriziats, usw. sehr unterschiedlich besetzt sind. Obwohl der Platz hier felht für eine nähere Analyse dieser komplexen Zusammenhänge, mit ihren Wirkungen soll man soweit wie möglich mindestens im Gedanken Rechnung tragen.

Wenn man die Analyse dieser Rangordnung der strukturellen Modernität von unten nach oben fortführt, die Gruppen griechischen Ritus sind einig dadurch das sie in der Intelligenz krass unterrepresentiert waren (s. die zwei letzten Linien der Tabelle 6) und dabei um ein Viertel davon im Kirchendienst, ein anderes Viertel im Schulwesen aktiv war. Dagegen dürfte ihre Beteiligung in allen anderen Berufszweigen nur sehr gering bleiben. Diese schwache Teilname ist besonders auffallend in der Privatwirtschaft, vor allem unter Industriebeamter, während die Orthodoxen (ob Rumänen oder Serben) nicht selten (so oft wie westliche Christen) als Handels- oder Bankbeamter auftraten. Zwischen den beiden waren die Orthodoxen im allgemeinen etwas mehr als die Uniaten in allen als ’bürgerlich’ angeschauten intellektuellen Berufen beteiligt.

Die Reformierten und die Unitarier zeigen eine ganz vergleichbare Berufstruktur auf mit bedeutendem Abstand von der lezteren und mit dem Unterschied dass die Reformierten in der ganzen Intelligenz etwas unterrepresentiert, weil die kleine unitarische Gruppe etwas überrepresentiert war. Beide Guppe bestand aus ethnischer Hinsicht, wie bekannt, fast ausschliesslich aus magyarischen Elementen und, wie überhaupt die westlichen Christen, erscheint als viel ’moderner’ gegenüber die aus fast rein rumänischen oder slavischen (Serben, Ukrainer) bestehenden Konfessionsgruppen griechischen Ritus. Innerhalb westlicher Christen waren sie doch relativ ’unmodern’, gekennzeichnet am konkretestens durch das Übergewicht - statistiche Mehrheit - der unter den Behörden gestellten Berufssektoren, wie Unterricht, Justizwesen, Verwaltung und Kirchendienst. Diese haben in beidem Falle um zwei Drittel der intellektuellen Berufswahlen dargestellt. Das bedeutete eine relativ geringe Besetzung der freien Berufen und der Angestelltenposten der Privatwirtschaft, vor allem im städtischen Beamtentum. Beide hatten mehr Beteiligten im Ackerbau (Grundstückverwalter) als in der Industie. Dagegen sie zeigten den relativ höchsten Prozentsatz von Richter und Staatsanwalte auf.

Die Römisch-Katholiker vertreten eine ethnisch ziemlich gemischte Gruppe mit weniger als drei Füntel von Magyaren und der Rest wesentlich zwischen ’ungardeutsche’ Schwaben und Slowaken geteilt. Ihr Verhalten und kollektive Laufbahn in der neuen Intelligenz trägt das Merkzeichen gemässigter Modernisierung zwischen den rein magyarischen Reformierten und Unitarier und den mehrheitlich nicht magyarischen Lutheranern. Globalerweise waren sie in der Intelligenz unterrepresentiert, den Reformierten etwa ähnlich, aber sonst war ihre Berufsstruktur ziemlich eigenartig. Einerseits waren sie nämlich in der Privatwirtschaft ganz kräftig beteiligt, und zwar in den städtischen Zweigen (Industrie, Handel, Verkehr). Andererseits waren sie auffallend wenig in den freien Berufen, aber öfters in der Verwaltung und (mehr als alle andere Religionsgruppen) in der Armée anwesend.  Ihre Proportion hat in der Gesundheitspflege nicht einmal diejenige der Reformierten erreicht, aber unter freien Künstler und Wissenschaftler waren sie unter Allen am besten vertreten. 

Die Lutheraner stellen eine wichtige, grösstenteils nicht magyarische aber auch ethnisch (Slowaken und Deutsch-Saxen) wie territorial sehr geteilte Minderheit - mit Transsylvanischen, Zipser und Westungarischen Bruchteilen - dar, deren historisches Schicksal und Benehmen ofts einander gegengesetzte Züge aufzeigt, die hier leider nicht näher behandelt werden können. In mehrerer Hinsicht waren sie unter Christen die modernsten durch ihre relativ starke Teilnahme in den städtischen Wirtschaftszweigen, in den freien Berufen und im Gesundheitswesen. Im Justizwesen hatten sie zum Beispiel fast dreimal so viele Rechtsanwalter als Richter und der Anteil ihrer Geislicher blieb modest. Sie waren aber auch stark in der Armee representiert, die wahrscheinlich einem der beruflichen Zielen der deutsch-lutheranischer Assimilationsbewegung beigemessen darf.

Die Berufstruktur der das modernste Grenzmodell darstellenden Juden kann am besten durch den Gegensatz der Aufteilung der christlichen Intelligenz charakterisiert werden. Zuerst ragen die Juden vom Durschschnitt mit ihren einmalig beträchtlicher allgemeiner Vertretung in de Intelligenz, genau fünffach mehr als ihr Bevölkerungsanteil heraus. Zweitens erweist sich ihre innere Verteilung eindeutig ’bürgelich’ in dem Sinne dass die grosse Mehrheit ihrer Intelligenz in der Privatwirtschaft (fast drei Fünftel schlechthin) und in den freien Berufen (über 14,5 %) tätig war. Man bemerkt da hinter diesen Ziffern die bekannten Grenzen des ’assimilatorischen Gesellschaftsvertrages’ (s. Karady 2000, 14-16) wobei Juden auf den behördlich kontrollierten Tätigkeitsmärkten nur selten und sehr selektiver Weise Karriere machen dürften. Deshalb gab es relativ wenige Juden auch im Verkehrswesen, da dieser Zweig weitgehends vom Staate (Eisenbahnnetz) oder von den Städten (Ortsverkehr, Munizipalindustrien) verwaltet wurde. Nach dieser diskriminativen Logik findet sehr wenige Juden in den traditionellen intellektuellen Berufsfeldern wie Unterricht und Verwaltung, aber auch in der Wehrmacht wo sie nur selten eine Laufbahn begannen (s. Hajdú 2004, 179-187). Ihre starke Anwesenheit im Justizwesen ist nur ihrem hohen Anteil in der Rechtsanwaltschaft beizutragen. Wegen dem Übergewicht der modernen Berufsfeldern ist der Kirchendienst bei Juden auch vergleichbar am bescheidenstens besetzt.

 

Institutionalisierte Ausbildung, Professionalisierung, Tätigkeitsmoral, Gesellschaftsverkehr

 

 

 

 

 

 

 

 

BIBLIOGRAPHISCHE HINWEISE

 

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[1] Bei anderen Historiker findet mann etwas niedrigere Ziffern (Kövér 1998, 115).

[2] Eine vom Statistischen Zentralamt noch in 1928 vorgenommene Zensus der Intelligenz hat diese untere Grenze auf 6 Mittelklassen angegeben. (Hajdú 1980, 1.)

[3] Magyar statisztikai közlemények, 64, 240.

[4] S. dazu Magyar statisztikai közlemények, 64, 308-309.

[5] Ausgerechnet nach Mazsu 1997, 65 und Tolnai 1928, 77.

[6] Magyar statisztikai közlemények, 64, 309.

[7] Magyar statisztikai közlemények, 64, 183.

[8] Az 1881 évi népszámlálás eredménye némely hasznos házi állatok kimutatásával együtt, Budapest, 1882, 743.

[9] Magyar statisztikai közlemények 56, 313.

[10] Magyar statisztikai közlemények, 64, 181.

 

[11] Ibid.

[12] Ibid. 312.

[13] „Fõkimutatás arról, hogy a megyei és városi törvényhatósági, továbbá a rendezett tanácsú városi választott tisztviselõk a megjelölt állomásokban 1881-ben tényleg mily képzettséggel (qualificatióval) bírtak.” Képviselõházi irományok, VI. kötet, 1881-1884 (no. 1141). Budapest, 1882.

[14] Mazsu 1997, 55.

[15] Magyar statisztikai közlemények 61, 526-543.

[16] Magyar statisztikai évkönyv, 1911, 403.

[17] Mazsu 1997, 56.

[18] Mazsu 1997, 67.

[19] Magyar statisztikai közlemények 27, 195-199.

[20] Magyar statisztikai közlemények 64, 308-313.

[21] Magyar statisztikai közlemények 64, 313.

 

[22] Tolnai Világlexikona, 1928, XI, 76-77.

[23] Ausser Fiume.

[24] Magyar statisztikai közlemények 64, 308-313.

 

[25] Ohne Budapest.

[26] Wegen die Abwesenheit der Stadt Fiume vom Kalkül sind diese Ziffern in der Tat immer etwas unter 100,0.

[27] Zusammen mit 1,1 % ’andere’, nicht näher definierte Berufe.

[28] Magyar statisztikai közlemények 27, 195-199.

[29] Magyar statisztikai közlemények 56, 444, 449, 452.

[30] Magyar statisztikai évkönyv, 1901, 320.

[31] Ibid. 302-305.

[32] Magyar statisztikai közlemények 64, 308-313

[33] Ibid. Loc.cit.

[34] Katus 1979,  1149.

[35] Ibid. 1162.

[36] S. die online Datenbank

[37] Magyar statisztikai évkönyv, 1915, 245.

[38] Magyar statisztikai évkönyv, 1896, 409.

[39] Magyar statisztikai évkönyv, 1915, 245.

[40] Magyar statisztikai évkönyv 1911, 375-379.

[41] Quelle : Magyar statisztikai közlemények,  61, 526-541.

[42] Quelle : Statistische Jahrbücher Ungarns und die Jahresberichte des Ministeriums für Kultus und Unterricht. S. Karády 1997, 180-181.

[43] Quelle : Magyar statisztikai közlemények, 56, 308-313, 646-649.

[44] Magyar statisztikai közlemények, 42,       Ohne die 0,1 % von Unbekannten.